Interview mit Bettina Reitz zum Filmstandort München vs. Berlin
Frage:
„Frau Reitz, gestern beim Fachgespräch „Filme in Deutschland – Einer für alle,
alle für einen“ anläßlich des Filmfestes in München hatten sie gesagt: „Das
Problem ist Berlin“, können Sie uns das näher erläutern."
Bettina Reitz:
„Das war ja ein
Podium, wo man auch mit zwinkerndem Auge dieses Thema behandelt hat. Mein
Sätzchen „Das Problem ist Berlin“ bezog sich darauf, daß Herr Rohnke (Geschäftsführer
Bavaria Film) vorher gesagt hat, die Jugend geht nach Toronto, nach New York,
nach London. Ich habe gesagt, ich glaube nicht, dass die Jugend sofort ins
Ausland für länger geht, sondern die Jugend geht erst einmal nach Berlin. Das heißt,
das aktuelle Problem für München ist in dem Fall eher Berlin als Toronto, New
York oder London. Dieses Problem ist ja schon seit längerem bekannt. In München
hat man teuere Mieten und teuere Lebenshaltungskosten. Berlin hat einen großen
Jugendanteil, man bündelt viele Ereignisse im Design, der Kunst-, Mode-
und Filmszene. Viele junge Menschen fühlen
sich dadurch sehr stark angezogen. Hinzu kommt der große Vorteil, dass sie in
einer solchen Stadt auch noch günstiger leben können. Also geht man in seiner
Ausbildung in die Stadt wo alle hingehen, weil es im Trend liegt und Berlin
liegt noch im Moment im Trend.
Es ist wichtig, dass München mit seiner hervorragenden
Ausbildung und jetzt bald in einer unglaublichen besonderen auch in der
Architektur der Ausstattung aufgestellten Hochschule hier den jungen Menschen,
die eine sehr gute und auch teuere Ausbildung genossen haben, eine Perspektive
bietet. Daran arbeiten wir.
Wir haben uns auch schon viele Gedanken gemacht,
wir überlegen auch ein Talentforum, wo eine Vernetzung von Menschen
stattfindet, die sich in den letzten zwei drei Jahren ihrer Ausbildung
kennenlernen, sich austauschen können, Kontakte zu kleinen und großen Firmen
bekommen, die dann schon wissen wo schlägt mein Herz. Ist es mehr für die Produktion, Regie oder die
Kamera. Es gibt im Film viele Bereiche, die hochqualifizierte gut ausgebildete
Menschen benötigen, bis hin zur Musik und anderen Dingen. Eine Vernetzung wäre
sehr sehr wünschenswert.
Alles in allem ging es bei dem Gespräch ja nicht nur
um die klassische und seit vielen Jahren diskutierte Standortpolitik, sondern
auch darum wie sich Deutschland insgesamt, also auch Bayern international
besser positionieren kann. Wir haben das Problem unserer Sprache, deutsch ist
ja nicht so exportfähig wie andere Sprachen, allen voran das Englische. Vor dem
Hintergrund macht es hin und wieder Sinn bei größeren Produktionen, die
entweder von Deutschland aus gestartet und entwickelt werden, oder die
international hierherkommen, vielleicht die Kräfte, die Gelder, das Knowhow
doch als Synergie zwischen z.B. Bayern und Berlin stärker zu bündeln.
Ich finde
wir müssen uns hier intensiver Gedanken machen und mit guten Vorschlägen auch diesen Markt
stärken. Damit es dann nicht immer heißt, am Ende machen sich diese beiden
Standorte auch noch gegenseitig Konkurrenz und es bleibt vielleicht für keinen
mehr genug, dass wäre schade. Standortpolitisch ist München nach wie vor eine
wunderbare Plattform um Film zu machen, egal ob Kino- oder Fernsehfilm. Aber
München ist alleine in Bezug auf die Konkurrenz des internationalen Marktes
nicht groß genug"
©ih,
Bettina Reitz leitet seit Mai 2011 den Bereich Produktion
der ARD Tochterfirma Degeto Film.Davor war sie Leiterin des Programmbereichs Spiel-Film-Serie
beim Bayerischen Rundfunk