Fotos: ©Heinz Hoffmann
Gedenkfeier zum Olympia-Attentat –
Schwere Vorwürfe gegen Sicherheitskräfte und IOC
Christian Ude gegen pauschale Abverurteilung

Der 5. September 1972 ist ein schwarzes Datum in der Geschichte der Olympischen Spiele. Palistinensische Terroristen nehmen  im olympischen Dorf elf israelische Sportler als Geiseln. Der Befreiungsversuch auf dem Fliegerhorst Fürstenfeldbruck scheitert, am Ende sterben nicht nur die elf Sportler sondern auch ein Polizist und acht Terroristen.

Am 5. September 2012  kamen über 600 Gäste in den Fliegerhorst nach Fürstenfeldbruck, um gemeinsam mit  den Angehörigen der Opfer und Überlebenden des Attentates zu gedenken und zu beten. Unter den Ehrengästen waren  unter anderem Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich, Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (beide CSU), Israels Vizepremierminister Silvan Schalom, Mitglieder des bayerischen Landtages, Münchens Oberbürgermeister Christian Ude (SPD), Dr. Dieter Graumann (Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland), Dr. Thomas Bach (Vizepräsident des Internationalen Olympischen Komitees),  Zvi Varshaviak (Präsident des Nationalen Olympischen Komitees Israels) und Prof. Dr.h.c.Walther Tröger (Bürgermeister des Olympischen Dorfes München 1972).

Es war ein Tag der Versöhnung und der Selbstvorwürfe. Hans-Peter Friedrich: "Ausgerechnet wir, die wir eine besondere Schutzverpflichtung für Israel hatten und haben, ausgerechnet wir konnten die israelischen Sportler nicht schützen."  Auch Horst Seehofer sprach sein Bedauern aus, daß die Geiseln nicht gerettet werden konnten und wies darauf hin, daß jüdische Einrichtungen auch heute noch besonders gefährdet seien.

Es gab aber auch harte Vorwürfe und unversöhnliche Worte. Ankie Spitzner, Witwe des Fecht-Trainers Andre Spitzner, warf den deutschen Behörden "Arroganz, Inkompetenz und Dummheit" vor, denen die Geiseln gleichgültig waren. Sie forderte eine Neuaufnahme der Ermittlungen und eine Einsicht in die Dokumente.

Schwerwiegend auch die Vorwürfe von Dieter Graumann. Er sprach von einem „desaströsen Dilettantismus der Sicherheitsbehörden“ und „der lässigen Schnoddrigkeit der Sportfunktionäre“. Den damaligen IOC-Präsident Avery Brundage bezeichnete er als kalt und herzlos, der damals kühl und hingenuschelt verkündet habe „The games must go on“. Graumann habe diese Worte ganz persönlich empfunden, daß „jüdisches Blut eben billig war in den Augen der Welt.“ Graumann: „Brundage ist ja schon bei den Olympischen Spielen 1936 von den Nazis berechnend und bösartig als Propaganda-Maschine für den Faschismus genutzt worden.“ Auch die Rede des damaligen deutschen NOK Präsidenten, Willi Daume, sei "keineswegs ein Beispiel an Wärme, an Herzlichkeit und wirklicher Empathie gewesen", so Graumann weiter.

Die Rede von Graumann war ein Vorwurf an die Behörden, Sportfunktionäre, NOK und IOC. Die einzige Ausnahme in seinen Augen sei der damalige Bundespräsident Gustav Heinemann gewesen, der „die richtigen Worte gefunden hat.“

Die komplette Rede von Dieter Graumann hier klicken.....

Grossen Beifall gab es von den Anwesenden für Münchens OB, Christian Ude, der in seiner anschließenden Rede auf die Vorwürfe von Spitzner und Graumann einging. Ude wies darauf hin, daß die Spiele 1972 unbedingt anders sein sollten, es sollte ein „fundamentaler Unterschied zu 1936“ sein. Er räumte Versäumnisse ein, welche fraglos vorgekommen seien, die aber anders zu verurteilen sind, als der Terrorakt, der „ohne Zweifel die Alleinschuld der Terroristen sei.“ Ude: „Der pauschalen Abverurteilung des damaligen NOK Präsidenten kann ich mich nicht anschließen.“ Auch seien die überlebenden Athleten alle der Meinung, daß es richtig gewesen sei, die Spiele fortzusetzen, um den Terroristen nicht den allergrößten Triumph zu geben.


Ude auf unsere Frage, ob diese Rede denn vorbereitet gewesen sei:

„Nein meine vorbereitete Rede habe ich nicht gehalten. Ich mußte auf die Vorwürfe von Herrn Graumann eingehen. Ich habe ein Fairnisgefühl was mir sagt, man kann nicht einfach Tote in ihrer Abwesenheit derart abkanzeln, ohne daß sich noch irgend jemand von ihren Mitstreitern oder Angehörigen zu Wehr setzen kann. Ich fand das vor allem im Fall von Willi Daume sehr unangemessen. Auch die Entscheidung, daß die Spiele weiter gehen, hätte nicht so abgekanzelt werden sollen. Wir wissen authentisch von den Mitgliedern und Überlebenden der israelischen Mannschaft, daß sie ausnahmslos der Meinung waren, man muß die Spiele fortsetzen, damit es nicht den allergrößten Triumph der Terroristen gibt. Ich habe es persönlich von den Überlebenden erzählt bekommen und bei einer Pressekonferenz dann noch einmal miterlebt. Man kann dann nicht diejenigen, die die Entscheidung bekannt geben, moralisch derart abqualifizieren, wie es hier der Fall war.“